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01.11.2020 - Fototour: Allerheiligen und „das ASZ der besonderen Art auf dem Friedhof“
Die Stimmung von Allerheiligen in Fotos festzuhalten nutzen viele Fotografen. Die Gedanken paaren sich mit dem Bild und ergeben eine Symbiose. Auch bei anderen Betrachtern wird es Emotionen wecken. Ich möchte heute den Versuch wagen, meine Gedanken und Bilder zu Allerheiligen hier zu teilen.

(Die Fotos befinden sich am Ende des Berichtes)
 
 

Und da sind wir auch schon beim zweiten Teil der Überschrift: „Das ASZ (Altstoffsammelzentrum) der besonderen Art auf dem Friedhof“. Das klingt jetzt etwas provokant im Ohr. Das ASZ gibt es natürlich nicht wirklich, taucht aber jedes Jahr zu Allerheiligen beim Grabbesuch in meinem Kopf auf. Gemeint ist der Altstoffsammelplatz (ASP) auf dem Friedhof. Was es damit auf sich hat, ein bisschen später im Text.

Meine Fototour zu Allerheiligen ist vorerst im Kopf entstanden und hat einen Tag vorher mit dem Besuch des Familiengrabes begonnen. Einige Fotos sind schon an diesem Tag entstanden, die restlichen am Montag. Somit habe ich keine Besucher gestört.

Als Hobbyfotograf habe ich gelernt, die Welt um mich herum mit anderen Augen zu betrachten. Viele von uns nehmen die Umwelt gar nicht mehr im Detail wahr, sehen nicht, was sie uns bietet. Wir müssten eigentlich viel öfter innehalten, so wie ein kleines Kind, welches eben laufen gelernt hat. Dieses bleibt sehr oft stehen, um Ameisen und andere kleine Wesen und Dinge zu betrachten.

Wer zu Allerheiligen die Familiengräber besucht, macht im Prinzip das gleiche. Wir halten am Grab inne und nehmen die Umwelt wahr. Und da wir uns nicht fortbewegen, haben wir mehr Zeit, uns auf das einzulassen, was uns umgibt. Wir betrachten nicht nur unsere Umgebung, sehr wahrscheinlich auch unser Leben und das von anderen.

Meine ersten Gedanken dort gelten meinen verstorbenen Eltern. Ich versuche mich an Momente zu erinnern, wo und wie wir als Familie gelebt hatten. Wenn ein „normales“ Allerheiligenfest ist, sind auch meine Geschwister am Grab. Wir leben verstreut und treffen uns während des Jahres selten. Diesmal jedoch stehe ich alleine am Grab.

Meine Gedanken beginnen abzuschweifen, während ich von Grabmal zu Grabmal blicke und die unterschiedlich geschmückten Gräber betrachte. Zum Teil gibt es echte Kunstwerke darunter. Und da unser Familiengrab gleich in der Nähe der Aufbahrungshalle liegt, fällt mein Blick wie jedes Jahr auf diesen Platz.

Und ja, es ist noch genau so, wie die Jahre davor. Wie beim „Dinner for two“. Jedes Jahr die gleiche Zeremonie. Die gleiche Umgebung. Diesmal halte ich es in einem Foto fest.

Mein persönlicher ASP am Friedhof. Ich stelle mich in genügend Abstand vor die Aufbahrungshalle, damit ich das Wesentliche auf das Foto bringe. Meine Augen tasten sich durch den Sucher von rechts nach links. Ist alles drauf?
Zuerst die Stiege, welche zum oder vom Friedhof führt. Dann, eng an eng die Sammelstellen für unterschiedliche Materialien. Der erste Sammelbehälter für Weiß- und Buntglas, dann Metalle, Blumentöpfe, Grablichter, Altpapier und am Ende ein Restmüllbehälter.

Die nächste „Sammelstelle“ ist der Vorplatz der Aufbahrungshalle. Da steht zum Begräbnis der Sarg mit der verstorbenen Person.

Ganz links dann noch eine Luke, wo Gras, Kränze etc. entsorgt werden können. Die ganze Szene ist für mich nicht stimmig für einen Bezug zu einem Leben nach dem Tod.

Diese Anordnung scheint jedoch nicht sonderlich zu stören. Sehr wahrscheinlich, weil logistisch gesehen dies der einzige Platz ist, welcher für eine Sammelstelle geeignet ist. Diese Optik wird in Kauf genommen. Man lebt damit, wie mit vielem, dass sich nicht ändern lässt. Und ich kann jedes Jahr schmunzeln.

Während der Aufnahmen kommen weitere Gedanken und beschäftigen sich mit diesem Thema.
Aus meiner Sicht könnte man diese Situation schon verbessern, wenn man möchte. Ich würde optisch passende Sichtschutzelemente fertigen lassen und diese links und rechts neben der Aufbahrungshalle so platzieren, dass die Müllsammelbehälter und die Luke nicht mehr zu sehen sind.

Ich verlasse nun den Friedhof. Nicht wie sonst besuche ich mit meinen Geschwistern meinen Bruder. Dieser Besuch fällt heuer aus. Stattdessen nehme ich meine Kamera und mache mich auf, den Pfaden meiner Kindheit zu folgen. Wege, welche ich schon eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr gegangen bin. Viele Plätze und Häuser haben sich verändert.

Ein Sacherl ist nun zu einem „Lost place“ geworden. Von meinem ursprünglichen Elternhaus ist nur mehr ein Teil als Ruine zu sehen. Schade. Doch der Ausblick auf meinen Heimatort ist nach wie vor wunderschön. Mir fällt ein, dass der Güterweg, welcher hier vorbeiführt zu meiner Kindheit noch im Winter vom nahe gelegenen Bauern mit einem hölzernen Schneepflug geräumt wurde, den ein Pferd gezogen hat.

Ja, einige Winterzeiten habe ich auch noch in guter Erinnerung. Unser Haus war ja etwas höher gelegen und die Güterwege wenig befahren. Schneeräumung wie oben erwähnt. Wir Nachbarskinder hatten sehr viel Spaß, wenn wir einzeln oder zusammengehängt mit unseren Schlitten als „Zug“ diese Strecken – zum Teil mit hohen Geschwindigkeiten – talwärts fuhren.
Ich weiß auch noch, dass die Interessen der Erwachsenen und die der Kinder sehr unterschiedlich waren. Die Erwachsenen streuten Asche auf den Weg, damit sie nicht ausrutschten. Wir Kinder gossen mit Gießkanne Wasser auf den Weg, damit wir schneller und ungebremst abwärts sausen konnten.

Und dann noch mein persönliches Highlight dieser Fototour. Ich treffe meinen ehemaligen Nachbarn. Auf meine Frage, ob er mich noch kennt antwortet er nach kurzem Zögern mit JA. In weiterer Folge unterhalten wir uns noch ausgiebig und so kommen zu meinen Kindheitserinnerungen auch noch die vom ehemaligen Nachbarn hinzu.

Dieses ALLERHEILIGEN war trotz der Einschränkung durch Coronamaßnahmen eine Bereicherung für mich. Die enstandenen Fotos sind im Anschluss zu sehen.
Mein persönliches ASZ bzw. Altstoffsammelplatz am Friedhof mit Veränderungen.
(Ich bin kein geschickter Anwender von Photoshop, aber um meine Gedanken sichtbar zu machen, reicht es)
Das erste Bild ist das Original, die weiteren sind "Fake".
Meine Fototour vor und nach dem Allerheiligenfest

Und hier noch einige Aufnahmen aus dem Inneren der Kirche

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